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Von der Gemeindereferentin zur Ordensfrau

Im Kloster ist sie jetzt bereits seit fast sechs Jahren, aber Ende Juli wird es für Schwester Judith so richtig ernst: dann wird sie bei ihrer Feierlichen Profess die Ordensgelübde auf Lebenszeit ablegen und sich damit für immer an Gott und die Gemeinschaft ihrer Schwestern binden.

Als Jeanette Wieland ist sie im Oktober 2006 in das Benediktinerinnenkloster "Abtei vom Heiligen Kreuz" nach Herstelle gegangen und sie gibt offen zu, dass sie damals selbst nicht gewusst hat, ob sie bis zur Profess durchhält.

Schwester Judith stammt aus Wenighösbach bei Aschaffenburg. Am dortigen Dalberg-Gymnasium hat sie ihr Abitur gemacht, anschließend in Eichstätt Religionspädagogik studiert, später drei Jahre lang in der Pfarreiengemeinschaft Langendorf - Elfershausen bei Hammelburg als Gemeindereferentin gearbeitet.
Ihr Klostereintritt ist auch an der Aschaffenburger Schönberg-Hauptschule registriert worden.
Im Rahmen ihrer Ausbildung hatte sie dort ein Jahr lang Religionsunterricht gegeben. Heute Unterrichtet dort Pastoralreferent Jens Hausdörfer. Er behandelt in seinen 9. Klassen im Themenbereich "Als Christen leben" den Klostereintritt seiner Vorgängerin und verwendet dabei den Sonntagsblattbericht vom Herbst 2006. Jetzt konnte er einigen Schülern seiner aktuellen 9. Klasse die Gelegenheit bieten, Fragen an die ehemalige Religionslehrerin zu formulieren. Die wurden aufgenommen und Schwester Judith im Kloster vorgespielt. So ist eine Art Gespräch über die große Entfernung von 270 km hinweg entstanden.

An den Fragen der 15jährigen merkt man gleich, dass für die jungen Leute dem Kloster etwas Geheimnisvolles anhaftet, das im totalen Kontrast zu ihrer eigenen Lebenswelt steht. So kann sich Kai zum Beispiel schwer vorstellen, dass man hinter Klostermauern auch mal Spaß haben kann. Schwester Judith hält Spaß auch für das falschen Wort, stellt aber grundsätzlich fest: "Ich bin glücklich hier und mag mein Leben, so, wie es jetzt ist!". Damit will die inzwischen 32jährige Ordensfrau nicht abstreiten, dass es gelegentlich auch Ärger und Frust gibt, aber, so sagt sie, das wäre ja in jeder Familie normal. Feste werden immer wieder mal gefeiert. "Wir sitzen dann zusammen, unterhalten uns, trinken auch mal ein Glas Wein", beschreibt sie. Mit dem "Party machen" der jungen Leute ließe sich das jedoch sicher nicht vergleichen.

Selina möchte wissen, ob die Ordensfrau schon in ihrer Schulzeit daran gedacht hat, ins Kloster zu gehen. Ein spontanes "Nee!" rutscht der Ordensfrau dazu heraus. Der Wunsch sei sehr langsam in ihr gewachsen und als Jugendliche sei der Gedanke noch weit weg gewesen. Und das, obwohl sie regelmäßig Kontakte zu ihrer ehemaligen Flötenlehrerin hatte, die in Herstelle eingetreten war, als sie selber gerade 13 Jahre alt war. Was Schwester Judith letztlich bewegt hat, ins Kloster einzutreten, sei nach ihren Worten schwer zu beschreiben. "Nach dem Studium habe ich gerne als Gemeindereferentin gearbeitet, aber irgendwann habe ich mich gefragt, ob das jetzt alles ist oder ob ich nicht noch etwas anderes vom Leben will." Das Leben im Kloster sei ihre Art, ihren Glauben und ihre Beziehung zu Gott zu leben, und in dieser Lebensform verbinden sich Arbeit, Freizeit, Gebet und Glaube zu einem großen Ganzen. Trotzdem bejaht sie die Frage von Sabine, ob sie schon mal darüber nachgedacht hätte, wieder auszutreten. "Vor allem am Anfang war die Umstellung sehr groß, ich musste mein eigenes Auto und meine eigene Wohnung aufgeben, kam in ein Kloster mit damals 50 Frauen". Sich da anzupassen sei ihr nicht leicht gefallen. Von den vielen neuen Regeln, die auf einmal für sie galten, hätte sie einige nicht verstanden, manche sogar blöd gefunden. Inzwischen genieße sie es aber sehr, ihr Leben und ihren Glauben mit den Mitschwestern zu teilen. Zuhause hätten allerdings viele mit Unverständnis auf ihren Schritt reagiert. "Sie verstehen einfach nicht, warum ich das gemacht habe und dafür so viel aufgegeben habe", sagt Schwester Judith dazu.

Viele Fragen der Schüler drehen sich um das Leben im Kloster: Bei "Darf man Haustiere halten?" und "Gibt es Raucher im Kloster?" fällt die Antwort negativ aus. Das Rauchen würde nicht zum Klosterleben passen, das schlicht und einfach sein soll und bei den Haustieren beschränken sich die Nonnen auf Lina und Lisa, die beiden Schafe, die den Klostergarten bevölkern. Auch der Tagesablauf unterscheidet sich sehr von der Welt draußen: um 5 Uhr aufstehen, eine Messfeier am Morgen und Gebetszeiten über den ganzen Tag verteilt, dazwischen Arbeiten, nach dem Mittag- und dem Abendessen kleine Freizeitinseln, so sieht das Leben im Benediktinerinnenkloster in Herstelle aus. Besuch darf Schwester Judith nur im Gästehaus empfangen, im Kloster selber herrscht eine strenge Klausur. Vor die Klostermauern kommt sie nur ab und zu. Wenn sie dann doch einmal zum Einkaufen, zum Arzt oder zu einer Fortbildung fährt, stellt sie fest: "Ich bin es nicht mehr gewohnt, viele Menschen um mich zu haben, die viel und laut sprechen und ich bekomme nicht mehr alle Entwicklungen mit und muss mir deshalb manches erklären lassen." So wüsste sie zum Beispiel nicht, wie ein Ipod funktioniert, sagt sie lachend und fragt augenzwinkernd auch gleich, ob das überhaupt wichtig sei. Als Weltflucht will sie ihren Eintritt ins Kloster nicht verstanden wissen. "Die Welt macht auch vor den Klostermauern nicht halt", sagt sie und lässt durchblicken, dass sie durchaus gut darüber informiert ist, was in Politik, Gesellschaft und Kirche so los ist.

Die feierliche Profess, sagt Schwester Judith, sei vergleichbar mit einer Hochzeit. Nur bindet sie sich statt an einen Mann auf Lebenszeit an Gott und die Klostergemeinschaft. Dazu wird sie am 29. Juli drei Gelübden ablegen: Gehorsam, Beständigkeit und der klösterliche Lebenswandel, worunter auch die Armut und Ehelosigkeit und die Bereitschaft zur täglichen Neuausrichtung auf Gott gehören, sind Bestandteile dieses Versprechens. Ab diesem Zeitpunkt darf sie dann auch den weißen Schleier der Novizin gegen den schwarzen Schleier der benediktinischen Ordensfrauen eintauschen und damit zeigen: jetzt gehöre ich ganz dazu.

Zwei Radiointerviews mit Schwester Judith finden sie unten zum Download!

 


Info:
Die „Abtei vom Heiligen Kreuz“ in Herstelle gehört zur Diözese Paderborn. Im Kloster leben 38 Frauen zwischen 32 und 90 Jahren, die sich in der Profess, den feierlichen Ordensgelübden, auf Lebenszeit an die benediktinische Gemeinschaft gebunden haben. Als monastischer Orden halten sie sich an die Regel des Heiligen Benedikt von Nursia. Die Schwestern betreiben ein Gästehaus, einen Klosterladen, eine Kerzenwerkstatt und eine Töpferei.
Weitere Infos zum Kloster unter: www.abtei-herstelle.de