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Ehrung für Seelsorgehelferin Cläre Barwitzky

Am 19. Juni 2013 wurde n Erfurt eine Frau geehrt, die lange Jahre als Seelsorgehelferin für die Diözese Würzburg gearbeitet hat. Im 2. Weltkrieg hatte Cläre Barwitzky rund 30 jüdische Kinder in einem französischen Kinderheim in Chamonix unter Lebensgefahr vor dem Holocaust gerettet.

Für diesen Einsatz ist sie 1992 auch posthum mit der Yad-Vashem-Medaille ausgezeichnet worden. Diese relative seltene Ehrung verleiht der Staat Israel an Menschen, die mit persönlichem Einsatz versucht haben, jüdisches Leben in der NS-Zeit zu retten. Anlässlich ihres 100. Geburtstages soll die1989 Verstorbene vom Erfurter Diözesanadministrator Weihbischof Dr. Reinhard Hauke nun auch im Namen der katholischen Kirche offiziell geehrt werden. 

Beim Lesen der von Barwitzky kurz vor ihrem Tod verfassten "Memoiren von Chamonix" begegnet man einer zielstrebigen und klaren Frau, die ihre Berufung gefunden hat und ganz für sie lebt. Mit 19 Jahren hatte sie ihre Liebe zur französischen Sprache nach Lyon geführt. Dort arbeitete sie als Sekretärin bei Pfarrer Laurent Remillieux. Der gehörte der Gemeinschaft "Gefährten des hl. Franziskus" an, die zu dieser Zeit vor allem eine deutsch-französische Bewegung war und die junge Menschen auf Pilgerfahrten zusammen brachten. "Diese Gemeinschaft hat Claire später mit nach Saalfeld gebracht", erzählt Elfriede Klinger, die sie nach dem Krieg im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Pfarrgemeinde kennengelernt hatte. Die Ideale der Franziskus-Gefährten sind Gemeinschaft, Armut und Gebet und genau das hätte Schwester Claire nach Klingers Worten bis zu ihrem Tod gelebt.
Die Arbeit in der französischen Pfarrei hatte Barwitzkys Berufswunsch geweckt: im Seminar von Freiburg ließ sie sich zur Seelsorgehelferin ausbilden, ein kirchlicher Beruf für Laien, der sich inzwischen weiterentwickelt hat und heute Gemeindereferentin heißt. Nach dem Abschluss ging sie zurück nach Frankreich, um dort zunächst in einer Bergpfarrei zu arbeiten, in der es keinen Pfarrer gab. Sie hielt Religionsunterricht und Gruppenstunden, bereitete die Kinder auf die Firmung vor, hielt Wortgottesdienste. Mit dem Ausbruch des Krieges 1939 wurde ihr Aufenthalt dort für sie als Deutsche immer gefährlicher, da man sie bald als Spionin verdächtigte. 1941 ging sie deshalb nach St. Etienne, um dort in einer katholischen Familienpflege-Einrichtung zu arbeiten. Auf Grund ihrer ausgezeichneten Sprachkenntnisse blieb dort ihre deutsche Herkunft weitgehend unentdeckt.
Im Heim der Einrichtung wurden mit der Zeit immer mehr jüdische Kinder aufgenommen, deren Eltern ein sicheres Versteck für sie suchten. Barwitzky beschreibt in ihren Memoiren, wie sie die Ausweise der Kinder fälschte, damit die von den deutschen Besatzern nicht als Juden identifizieren konnten. Im Sommer 1943 hielten sich die Heimkinder und ihre Betreuer gerade in Ferienhütten in der Nähe von Chamonix auf, als die Jugendverfolgung voll ausbrach. Die französischen Leiterin des Heimes, Barwitzky und zwei jüdischen Betreuerinnen beschlossen, mit den Kindern dort zu bleiben. Als es in den unbeheizten Hütten zu kalt wurde, bekamen sie vom Bürgermeister des Ortes ein kleines Hotel als Unterkunft zur Verfügung gestellt. Dort lebten sie in der ständigen Angst entdeckt zu werden, denn Chamonix gehörte zu den von den deutschen besetzten Gebieten. Trotz dieser unheilvollen Atmosphäre und der vielen Arbeit schreibt Barwitzky in ihren Memoiren: "Nun begann ein unvergessliches Jahr: ein Jahr voller Güte, Hinwendung zum anderen, Vertrauen, Liebe, Freude und schwesterlicher Zusammenarbeit."
Die Kinder und Betreuer überstanden die schwierige Zeit bis zur Befreiung Frankreichs. Danach kehrte Cläre Barwitzky nach Deutschland zurück. "Ihr Leben in Frankreich hat sie fürs ganze Leben geprägt", sagt Elfriede Klinger heute über die Seelsorgehelferin, die nach dem Krieg in Saalfeld für sie Gruppenleiterin und Vorbild war. Beeindruckt hat sie deren tiefe Religiosität, ihre Konsequenz und ihren starken Charakter. "Aber wenn man sie näher kennenlernte, hat man auch ihren weichen Kern entdeckt", sagt die heute 80igjährige, die später auch selber als Seelsorgehelferin gearbeitet hat. Wie konsequent Barwitzky war verrät die Tatsache, dass die sie die Yad-Vashem-Ehrung bereits während der DDR-Zeit hätte erhalten sollen. Damals hatte sie das abgelehnt, weil sie nicht wollte, dass die kirchenfeindlich eingestellte DDR-Führung sie mit dieser Ehrung als "antifaschistische Friedenkämpferin" darstellt und sie so für deren Propaganda missbraucht wird.
Barwitzky war von 1947 bis 1969 in den Dekanaten Saalfeld und Meinigen als Seelsorgehelferin tätig. Nach dem Krieg hatte sie dann bis zu ihrer Verrentung 1969 in den Dekanaten Saalfeld und Meiningen als Seelsorgehelferin gearbeitet. Die gehörten bis zur friedlichen Revolution 1989 zur Diözese Würzburg, was die besondere Beziehung der Würzburger Gemeindereferenten zu ihr erklärt. Zum Festakt werden sich deshalb auch aus der Diözese Würzburg rund 80 aktive und pensionierte Gemeindereferenten gemeinsam mit Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand auf den Weg nach Erfurt machen, um bei der Würdigung von Schwester Claire Barwitzky dabei zu sein. Anlässlich der Ehrung hat die Diözese Würzburg die "Memoiren von Chamonix" zusammen mit einigem zusätzlichen Material zum Leben von Cläre Barwitzky und ihrer Yad-Veshem-Ehrung als Broschüre herausgegeben. Das 58 Seiten umfassende Heft kann über das Personalreferat, Fachbereich Gemeindereferentinnen bestellt werden.